Fragt man junge Menschen heute, was sie sich denn unter einem Rollenspiel vorstellten, kommt bei den meisten wohl die Anwort, es sei sowas wie „World of Warcraft“ oder es wird ein beliebiges anderes PC-Rollenspiel. Viele wissen auch nichts um die Ursprünge dieser (was ja nicht unbedingt schlimm ist). So konnte ich unlängst erleben, wie ein Kunde in einem Hobby-Laden fragte seit wann es denn Bücher zu den PC-Rollenspielen gäbe bzw. die sich freuten, dass es ja auch „Dawn of War“-Modelle zu kaufen sind.
Die direkte ursprüngliche RPG-Variante – das Pen-and-Paper-Rollenspiel (P&P) – hingegen wird von vielen seit Jahren schon für scheintot erklärt, da der Nachwuchs ausbleibe und das P&P aufgrund eines größerem zeitlichen und teils auch finanziell weitreichenderen Aufwandes, nicht mit seinem digitalen Konkurrenten mithalten kann (wobei diese ja finanziel auch schwer zu Buche schlagen können).
Wie bringt man nun Kinder und Jugendliche dazu sich wieder gemeinsam an einen Tisch zu setzen, die Würfel in die Hand zu nehmen und gemeinsam Geschichten zu erzählen? Diese Frage hat man sich auch bei Pegasus Spiele gestellt und ist auf ein Konzept gekommen, dass es wirklich schaffen kann. Doch wie sieht denn nun das entstandene „Rezept“ aus?
Also, man nehme einen Teil Abenteuer-Buch, einen Teil P&P-Elemente wie 10-Seitige_Würfel und Charakterbögen, nehme ein kleine Prise Tabletop und Kartenspiel und mische die übernehme die Variante der kurzen und knackigen Queste aus den Computerspielen. Und heraus kommt: „Quest: Zeit der Helden“.
Klingt nach einer wilden Mischung? Ja, irgendwie schon, aber was soll ich sagen: Der Plan geht auf!
Am vergangenen Wochenende hatte ich die Möglichkeit die Neuerscheinung (der 30.September war der Erscheinungstag) auf der Messe Modell-Hobby-Spiel in Leipzig ausgibig zu testen.
Aber ersteinmal zum Inhalt der Box. Denn der kann sich wirklich sehen lassen. Prall gefüllt mit Charakterbögen, Abenteuerbögen, Karten, Geländeplättchen und viel Zubehör eröffnen sich beim ersten Blick in den Karton. Und natürlich sind auch die Regeln, ein Abenteuerheft und sogar eine Landkarte der Insel „Krokk“, welche der Schauplatz der fünf vorgefertigten Questen darstellt. Aber Bilder sagen mehr als Worte:
Doch eine große Ausstattung macht natürlich noch lange kein gutes Spiel. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob die Abenteuer etwas taugen. Um es vorweg zu nehmen: Das tuen sie! Im Grunde werden die Spieler und vor allem der Spielleiter – im Spiel als Questmeister bezeichnet – scon ab dem Anfang an die Hand genommen. Und das nicht nur in den Abenteuern, welche die Parallele zum Abenteuerbuch darstellen, da man von Zahl zu Zahl springt, je nach Entscheidung und/oder Würfelergebnis.
Auch die Regeln erweisen sich als unheimlich klar und einfach (wobei es für erfahrenere Spieler auch Expertenregeln gibt). So fragt man sich, warum man das Regelheft direkt nach Lektüre der Vorbereitung weglegen soll und einfach anfangen. Doch spielt man das erste Abenteuer, wird in diesem an den entsprechenden Stellen gesagt, wie etwas zu tun ist. Eine sehr gute Idee, wie ich finde. Das macht es möglich ohne langes Lesen loszulegen. Ein Tutorial quasi, wie man es aus nahezu allen Videospielen kennt. Das erste Abenteuer ist dann nach knapp 30 Minuten vorbei und man kann, je nach Ausgang, seinen Helden verbessern um mit ihm die nächsten Abenteuer zu bestehen. Die nachfolgenden Questen sind natürlich länger als das erste, bieten aber auch hier dem Questmeister schöne Hilfen, wie Hinweise, wann man eine Unterbrechung einschieben kann um später weiter zu spielen. Und hat man adas Heft durchgespielt, gibt es auch noch die Anleitung zum erfinden eigener Questen.
Helden gibt es in der Ersten Box – es werden in Zukunft weitere Questboxen folgen – vier, davon zwei Magier (Menschenfrau und Echsenmensch) und zwei Kämpfer (Elfin und Zwerg). Doch auch hier bin ich mir sicher, dass es in den kommenden Veröffentlichungen weitere geben wird.
Einzig der Schwierigkeitsgrad der ersten Abenteuer erscheint mir recht knackig für den Anfang, was die Werte der Gegner angeht.
Doch auch das kann das Gesamtbild nicht trüben. Auf den ersten Blick wie ein Mix aus „Einsamer Wolf“, „Descent“-light und „Behind“ erscheinend, zeigt sich aber schon beim anspielen, dass Quest genug Eigenes besitzt um ihm eine Chance zu geben. Zwar wird das Spiel für Rollenspiel-Erfahrene Spieler nicht wirklich als Ersatz für die bestehende Rollenspielrunde geeignet sein, aber es ist ein schöner Weg um Kinder und auch Erwachsene für dieses Hobby zu begeistern. Bleibt zu hoffen, dass Quest den Anklang und die Beachtung findet, die es anstrebt. Das Spiel hätte es verdient!
Der Träumer